Solidaritätserklärung von Interbrigadas e.V. mit dem Arbeitskampf von 22 migrantischen Arbeiter*innen in San Isidro, Andalusien
Brigade Berta Cáceres
Seit dem 02. März befinden sich zwölf Interbrigadist*innen auf einer vierwöchigen Brigadereise in Almería, Spanien. Dort liegt das sogenannte Plastikmeer, die größte Ansammlung von Gewächshäusern weltweit, wo auf 29 000 Hektar Anbaufläche mehr als 80 % der spanischen Gemüseexporte produziert werden, welche einen beträchtlichen Teil des Bedarfs im EU-Binnenmarkt stillen. Die Arbeit in den Gewächshäusern wird vor allem von migrantischen Arbeiter*innen verrichtet, die von den Agrarunternehmen ausgebeutet werden und unter prekärsten Umständen arbeiten und leben. Obwohl die Problematik seit Jahren immer wieder durch die europäische Presse geistert, hat sich die Situation vor Ort vor allem seit der Krise in Spanien und der zunehmenden Verschärfung des europäischen und spanischen Migrationsrechts weiter verschlechtert.
Unsere Brigade unterstützt vor Ort die lokale Landarbeiter*innengewerkschaft SOC-SAT durch das Angebot von Kursen für Arbeiter*innen und das Durchführen verschiedener Rechercheaufgaben.
Arbeitskampf in San Isidro
Dabei haben wir in dem Gewerkschaftsbüro der SOC-SAT in San Isidro, einer Region unweit von Almería, in welcher der Gemüse- und Obstanbau stetig wächst, einige migrantische Arbeiter*innen kennengelernt, die uns mit ihrer kämpferischen Einstellung und der Reflektion über ihre eigene Situation sehr beeindruckten.
In den letzten Monaten begannen sie sich gegen ihren Arbeitgeber Juárez y Maldonado S.L. aufgrund ihrer schlechten Arbeitsbedingungen, vor allem dem niedrigen Lohn und den langen Arbeitszeiten, zu organisieren und Kontakt mit der SOC-SAT aufzunehmen. Dies mündete im November letzten Jahres in einer Streikandrohung, woraufhin ein Schlichtungsverfahren eingeleitet wurde. In diesem kam es zu der Unterzeichnung eines Übereinkommens zwischen dem Unternehmen und 22 Arbeiter*innen, das vorsah, den Lohn und die Arbeitszeiten anzupassen: Anstatt 32 € für 8 Stunden zu zahlen, sollten nun 37,96 € für 6 ½ Stunden gezahlt werden. Außerdem sollte der Lohn immer zum 5. des nächsten Monats ausgezahlt werden.
Ein erster Erfolg also. Doch als der Lohn für Februar nicht ausgezahlt wurde und die Arbeiter*innen ihre Rechte einforderten, wurden am 7. März alle, die damals das Übereinkommen unterzeichnet hatten, fristlos mit der Begründung entlassen, dass es in den Gewächshäusern nichts mehr zu tun gebe. Den erst nach Beginn des Arbeitskampfes eingestellten Arbeiter*innen wurde nicht gekündigt.
Daraufhin reichte die SOC-SAT am 9. März bei der Arbeitsinspektion Beschwerde gegen Juarez y Maldonado S.L. ein. Am 13. März soll Klage erhoben werden. Letzten Freitag hielten die Arbeiter_innen mit Unterstützung der SOC-SAT und Interbrigadas eine Kundgebung vor dem Eingang des Gewächshauses ab, in dem sie zuvor gearbeitet hatten. Diese brachte auch die leise Hoffnung zum Ausdruck, persönlich mit einem der Vorgesetzten ins Gespräch zu kommen. Vor allem aber zeigten die Betroffenen Präsenz und Mut, ihre Situation publik zu machen und dies ist auch weiterhin ihr Ziel. In den nächsten Tagen sollen weitere Kundgebungen vor dem Gewächshaus und vor dem Büro des Unternehmens stattfinden. Die Arbeiter*innen sind entschlossen, ihre strukturelle Schutzlosigkeit nicht weiter zu akzeptieren und sowohl rechtlich als auch politisch gegen diese vorzugehen. Vor allem wollen die Arbeiter*innen nicht akzeptieren, dass die Kündigung ohne ihre Unterschrift vollzogen wurde, obwohl dies das spanische Arbeitsrecht so vorsieht.
Ya basta!
Hiermit erklären wir uns solidarisch mit dem Kampf unserer Freund*innen in San Isidro. Es ist Zeit, dass sich die Situation der Arbeiter*innen im Plastikmeer von Almería grundlegend verändert.
Wir fordern Juárez y Maldonado S.L. zur Auszahlung der ausstehenden Löhne, zur Wiedereinstellung aller entlassenen Arbeiter*innen und zur Einhaltung des ausgehandelten Übereinkommens auf. Wir fordern den spanischen Staat dazu auf, seinen Kontrollpflichten hinsichtlich der Arbeitssituation in der Gemüseproduktion nachzukommen. Wir fordern die EU auf, alle Agrarsubventionen an Unternehmen, die die Rechte von Arbeiter*innen missachten, einzustellen. Wir fordern die europäische Zivilgesellschaft auf, sich mit der Situation in Almería auseinanderzusetzen und die Selbstorganisierung von migrantischen Arbeiter*innen solidarisch zu unterstützen.
Wir sagen: Ya basta – es reicht! Für ein Ende der Ausbeutung! Für einen strukturellen Wandel im Plastikmeer und in der Welt!
Interbrigadas e.V., Brigade Berta Cáceres