“Land und Freiheit” – Besuch einer besetzten und selbstverwalteten Finca in Andalusien
Ende August besuchten wir im Rahmen unserer Spanien-Brigade die seit eineinhalb Jahren besetzte Finca Somonte. Das Landgut befindet sich zwischen Sevilla und Córdoba, in der Nähe der Ortschaft Palma del Río.
Die Landverteilung in Spanien ist geprägt von großen Latifundien, welche sich in den Händen von wenigen Großgrundbesitzern befinden. Zirka 60% der fruchtbaren Böden Spaniens gehören nur 2500 Familien, die gerade einmal 2% der Bevölkerung ausmachen. Die meisten Latifundisten bewirtschaften ihre Ländereien nur geringfügig. Der Landbesitz ist für sie durch die hohen Agrarsubventionen der EU dennoch profitabel. Die aus dieser Situation resultierende immense Fläche an brachen Böden steht im Kontrast zu den hohen Arbeitslosenzahlen in Spanien. Seit der Finanzkrise und dem Zusammenbruch des Bausektors liegt die Arbeitslosenquote bei 25% und in der Region Andalusien sogar bei über 35%.
Der offenbare Widerspruch zwischen der hohen Arbeitslosigkeit und dem großen Gebiet an fruchtbarem unbewirtschafteten Boden ist einer der Punkte an denen die Landarbeitergewerkschaft “Sindicato de Obreros del Campo” (SOC) mit ihrer Arbeit ansetzt. Am 4. März des letzten Jahres besetzten daher 500 Landarbeiter und Mitglieder der SOC die Finca Somonte. Rechtlicher Besitzer des ca. 400 Hektar großen Areals ist nach wie vor die Regionalregierung von Andalusien. Diese wollte das Land eigentlich ursprünglich am 5. März 2012 an einen privaten Investor verkaufen. Die Besetzung machte der geplanten Privatisierung allerdings einen Strich durch die Rechnung.
Ungefähr 20 Besetzer entschieden sich nach der Aktion in die leer stehenden Gebäude einzuziehen und das Land zu bewirtschaften. Momentan wird eine große Vielfalt an Obst und Gemüse angebaut. Die Palette reicht von Paprika und Tomaten über Kartoffeln, Zwiebeln und Melonen bis hin zu Tabak und Oliven. Die Anbau verläuft nach kollektiv festgelegten sozialen und ökologischen Prinzipien. So verzichten die Besetzter auf monokulturellen Anbau und Pestizide und verkaufen ihre Produkte ausschließlich regional. Ein wichtiger Partner ist das 80 Kilometer entfernte Dorf Marinaleda, dessen Einwohner sich bereits seit über drei Jahrzehten auf der Grundlage sozialistischer Ideale organisieren. Auch beim Umgang mit dem besetzten Land haben die neuen Bewohner der Finca Somonte ihre Grundsätze. Sie lehnen den Versuch ab, dass das Land im Besitz der Regierung bleibt und wollen auch nicht selbst Eigentümer des Landes werden. Stattdessen streben sie an, dass das Gebiet zum Allgemeingut wird. Die Regionalregierung Andalusiens ist aber bisher nicht dazu bereit, dem Land einen solchen Status zuzugestehen. Ende April des letzten Jahres versuchte sie die Besetzung zu beenden und ließ das Gelände durch die Guardia Civil räumen. Die Besetzter kehrten jedoch in der selben Nacht zurück. Die gegenwärtige Lage ist relativ ruhig und es deutet nichts auf eine Räumung in nächster Zeit hin. Dennoch fährt zweimal täglich ein Auto der Guardia Civil über das Gelände.
Die stabile Situation der Besetzung beruht auch auf der großen Popularität, welche die besetzte Finca spanienweit und auch international genießt. Fast ununterbrochen sind politisch aktive Einzelpersonen und Gruppen zu Besuch um ihre Unterstützung auszudrücken, sich über das Projekt zu informieren und mitzuarbeiten. Auch wir haben über eine Woche auf dem Landgut verbracht und uns von der politischen Standhaftigkeit und der unerschütterlichen Arbeitsmoral der Landarbeiter beeindrucken lassen. Als Zeichen unserer Solidarität haben wir in gewohnter Tradition wieder einmal ein Wandbild hinterlassen. Die Losung auf dem gemalten Plakat stammt von dem mexikanischen Revolutionär Emiliano Zapata und bedeutet übersetzt: “Die Erde gehört denen, die sie bearbeiten.”.
Die folgenden Fotos vermitteln einen kleinen Einblick in den Arbeitsalltag der besetzten Finca und den Enstehungsprozess unserer Wandmalerei.