Interbrigadas Newsletter April 2021
0. Vorwort
Liebe Mitstreiter*innen,
vier Monate sind seit unserem letzten Newsletter vergangen. Viel hat sich in diesem Zeitraum zugetragen. Trotz eines verlängerten Lockdowns und einer drohenden dritten Covid-Welle haben wir mit unserer neuen AG-Struktur unsere Vereinsaktivitäten im Vergleich zum vergangenen Jahr ausweiten können. Auch ohne unsere gewohnte Märzbrigade nach Andalusien, unterstützen wir die Arbeit der SOC-SAT effektiv aus der Ferne. Wir veröffentlichten einige Artikel zum ersten Generalstreik in den Gemüse-Abpackhallen Almerias, wurden zu Interviews beim Radio Corax und Radio Graz eingeladen, nahmen an einer spannenden Podiumsdiskussion der FU mit dem Thema „Der globale Wandel der Kategorie Zwangsarbeit“ teil, diskutierten ökologische Auswirkungen der industriellen Gemüseproduktion Südspaniens auf einer Online-Veranstaltung im Rahmen des Klimatak und setzen weiter Zertifizierungsunternehmen wie Naturland, Demeter, Bio Suisse, und Supermarktriesen wie Aldi und Rewe unter Druck. Diese verschließen nach wie vor ihre Augen vor gravierenden Arbeitsrechtsverletzungen bei ihren Geschäftspartner*innen. Aktuell liegt unser Fokus auf zwei großen spanischen Bio-Produzenten: BioSabor und Haciendas Bio – hier versuchen wir im Rahmen unserer ehrenamtlichen Möglichkeiten empfindlichen Druck aufzubauen, damit sich Arbeitsbedingungen in diesen Betrieben nachhaltig verbessern und sich somit dauerhaft gewerkschaftliche Strukturen etablieren lassen.
Unsere wöchentlichen Video-Konferenz-Treffen ermöglichen es auch einigen Vereinsmitgliedern und neuen Interessent*innen aus anderen Städten, sich an unseren Treffen regelmäßig zu beteiligen. Besonders freut uns, dass unsere AG Kuba ihre Arbeit mit altem Elan wieder neu aufgenommen hat, sich regelmäßig mit neuen Aktivist*innen trifft und eine Brigade nach Kuba für diesen Sommer vorbereitet. Ziel der kommenden Kubabrigade wird es sein, Räumlichkeiten der kulturellen und politischen Begegnungsstätte „Ventanas al Valle“ in der malerischen Provinzhauptstadt Viñales herzurichten, bzw. neu zu bauen. Die Begegnungsstätte soll in naher Zukunft ein internationalistischer Ort des Austauschs mit vielen Workshops, Seminaren und einer Vielfalt von öffentlichen Veranstaltungen werden.
Im Folgenden könnt ihr wie gewohnt im Detail nachlesen, was wir so treiben und planen:
1. Broschüre – Vom Anfang und Ende der Lieferkette (2. Auflage)
Es ist soweit – Ende April geht die zweite Auflage unserer Broschüre „Vom Anfang und Ende der Lieferkette“ in den Druck. Neben einigen Aktualisierungen erwarten euch eine Reihe von zusätzlichen Beiträgen, z.B. ein Gastbeitrag des internationalen Gewerkschaftsnetzwerks TIE, eine zusammenfassende Betrachtung unserer bisherigen transnationalen Kampagnenarbeit mit Bezug auf Arbeitskämpfe in Andalusien und einiges mehr.
Wir bieten euch jetzt schon an, die 2. Auflage vorzubestellen. Schreibt uns einfach eine Mail mit dem Betreff: Vorbestellung Broschüre 2. Auflage + Name und Adresse – dann lassen wir euch die neue Broschüre per Post zukommen.
Email an: info@interbrigadas.org
2. Interbrigadas goes Kuba 2021
Qué bolá, asere!
Unsere Kuba AG bei Interbrigadas hat sich Ende letzten Jahres neu formiert und trifft sich jetzt immer alle zwei Wochen zum Online-Plenum. Zur Zeit befinden wir uns in der Planung für eine Sommerbrigade im Monat Juli nach Viñales auf Kuba (soweit die Pandemie es zulässt).
Viñales liegt im Westen der Insel und ist bekannt als Kaffee- und Tabakanbaugebiet des Landes.
Wir werden dort mit dem seit mehreren Jahren existierenden soziokulturellen Projekt „Ventana al Valle“ zusammenarbeiten und planen für die Brigade als erstes Renovierungsarbeiten und die Fertigstellung von Brigadeunterkünften. „Ventana al Valle“ setzt sich für die Bewahrung der kubanischen Kultur ein und ist mit der Gemeinde tief verwurzelt. Sie bieten Musik-, Theater- und Tanzkurse, vor allem traditionelle kubanische Tänze, für alle Altersstufen an. Es gibt eine kleine öffentliche Bibliothek und ein mal im Monat veranstalten sie die „Noche del Barrio“, einen Abend der verschiedenen Künste für die Gemeinde.
Unsere längerfristiges Engagement hat sich zum Ziel gesetzt, durch das Anlegen eines Permakultur-Fruchtwaldes dem Projekt eine eigenständige und unabhängige Finanzierung zu ermöglichen.
Es soll dort ein kleines Café entstehen mit Raum für ein Freiluftkino, eine Bühne für Proben und Aufführungen und Raum für politische Schulungen und Debatten. Um einen besseren Einblick in das Projekt zu bekommen, haben wir eine kleine Doku über das Projekt angefertigt. Schaut doch mal rein:
Wenn ihr interessiert seid an der Brigade oder an zukünftigen Brigaden oder das Projekt mit Spenden unterstützen wollt, dann meldet euch doch bei uns!
PS: Die Kuba AG trifft sich alle zwei Wochen Dienstags zum Plenum und ist immer offen für Interessent*innen.
Werkzeugspenden für Kuba
Wir suchen auch weiterhin nach Werkzeugspenden, die uns vor Ort bei den Bauarbeiten am Projekt helfen könnten. Wenn ihr Dinge aus der folgenden Liste spenden wollt, dann meldet euch bei uns und wir klären dann den Bedarf und einen Abgabetermin bei uns im Büro.
La solidaridad es la ternura de los pueblos!
Liste der Sachspenden für Kuba:
-> Werkzeuge für Holzbearbeitung (Sägen, Feilen, Schleifpapier, Nägel, Schrauben, Dübel etc.)
-> Elektrische Geräte (Lötstation, Schlagbohrer, Stichsäge, Akkuschrauber)
-> Wasserwaage, Zollstöcke, Zimmermannshammer, Maßbänder, Zangen, Schraubenzieher etc.
-> Werkzeuge und Geräte zum Maurern (Maurerkelle, Schlagschnurr, Zimmermannsbleistifte)
-> Elektrik (Lichtschalter, Steckdosen, Sicherungen, 5-Adrige Kabel etc.)
-> (magnetische) Tafelfarbe
Termine:
#UnblockCuba Fahrraddemo
Wann: Samstag der 29.05.2021.
Start: Kubanisches Konsulat (Gotlandstraße 15, 10439 Berlin)
Ziel: US-Botschaft (Pariser Platz 2, 10117 Berlin)
Uhrzeit: 12:00 Uhr
Jedes Jahr findet gewöhnlich im Herbst auf der UN-Vollversammlung die Abstimmung zur Beendigung der Blockade gegen Kuba statt. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde diese auf Mai 2021 verschoben.
Wir möchten im Vorfeld der kommenden Abstimmung mit einer öffentlichen Aktion auf die seit 60 Jahren andauernde menschenverachtende Blockade aufmerksam machen. Dazu planen wir eine Fahrraddemo, die von der Kubanischen Botschaft zur US-Botschaft führen soll. Auf der ca. 6 km-langen Strecke möchten wir an 3-4 noch festzulegenden Haltepunkten jeweils eine Kundgebung mit Flyerverteilung und nach Möglichkeit aufmerksamkeitserregenden Aktionen ( z.B. ein symbolischer Abbau der Blockade, Musikbeitrag, Sketch o.ä.) durchführen. Auf der Fahrt sollen auf Anhängern gut sichtbare Poster und Transparente mitgeführt werden.
3. Generalstreik in den Abpackhallen Almerias:
Auf unserer Webseite findet ihr einen ausführlichen Artikel inklusive unserer Einschätzung zum Streikgeschehen in den Abpackhallen Almerias:
Frust, Wut und Kampfgeist – Fünf Tage Generalstreik in den Gemüse-Abpackhallen Almerías
Eine Kurzversion unseres Berichts wurde im ND veröffentlicht:
Magischer Moment Generalstreik
4. Haciendas Bio – Arbeitsrechtsverletzungen und das Schweigen von von Naturland und Demeter (Video)
Vor genau einem Jahr wurden über 20 Arbeiter*innen, die gravierende Arbeitsrechtsverletzungen beklagten, von dem großen Bio-Gemüse-Hersteller HaciendasBio in Almería entlassen. Nach wie vor kämpfen die Betroffenen für Gerechtigkeit und eine nachträgliche Entschädigung und Wiedereinstellung. Besonders skandalös erscheint die Rolle der Supermärkte, in denen die Produkte von Haciendas Bio verkauft werden: REWE, Kaufland – und der angeblich Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung suggerierenden Zertifizierungsunternehmen Naturland und Demeter.
Wir fordern Demeter und Naturland dazu auf, endlich:
1. Gespräche mit den entlassenen Arbeiter*innen zu führen!
2. die Prüfberichte zu Haciendas Bio zu veröffentlichen!
3. Gespräche mit noch aktiven Arbeiter*innen von Haciendas Bio auf neutralem Boden, außerhalb des Unternehmens zu führen!
Video: Skandal: Demeter & Naturland verschleiern Ausbeutung bei Haciendas Bio
5. Arbeitsrechtsverletzungen bei BioSabor – der Druck wirkt – Aldi legt Lieferverträge auf Eis
Auf Druck der Basisgewerkschaft SOC-SAT in Almería und ihren internationalen Kooperationspartner*innen haben die Geschäftsleitungen von Aldi Süd und Nord die Lieferungen aus der Erzeugergruppe BioSabor für ein Jahr eingestellt. BioSabor steht seit 2018 in der Kritik Arbeiter*innen unterhalb des Mindestlohnes zu bezahlen sowie ihnen rechtmäßige Festanstellungen und ausreichenden Arbeitsschutz zu verwehren. Produkte von BioSabor wurden bisher von großen Supermarktketten von Aldi über Edeka, Kaufland und Rewe verkauft und sind mit einer Vielzahl von Labels zertifiziert, die auch soziale und nachhaltige Praktiken garantieren. Darunter finden sich sowohl das bekannte Bio-Label BioSuisse, als auch das Zertifikat Global-G.A.P-GRASP für gute Agrarpraxis mit sozialer Risikobewertung.
Auf mehreren Brigaden haben wir Arbeiter*innen von BioSabor bei ihrem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen unterstützt. In den letzten zwei Jahren haben sich nur marginale Verbesserungen bei dem großen Bio-Produzenten eingestellt. Wir hoffen, dass durch den Schritt von Aldi neue Dynamik in den Arbeitskonflikt bei BioSabor kommt.
Hier ein Hintergrundartikel von Matthias Grüber:
Aldi unterbricht Geschäftsbeziehungen zu Großproduzent BioSabor
6. Erfolg bei Fresh Tom Export
Es gibt auch handfeste Erfolge der SOC-SAT Almeria zu vermelden. Der unbefristete Streik der mutigen Arbeiter*innen bei dem Gemüseproduzenten Fresh Tom Export war erfolgreich. Im Januar streikten 30 Beschäftigte gegen gravierende Arbeitsrechtsverletzungen.
Die Unternehmensleitung ist auf voller Linie eingelenkt und erklärt sich bereit, alle Forderungen der kämpferischen Belegschaft zu erfüllen:
-> Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns von 7,43 € (vorher 5,50 bis 6 €)
-> Umwandlung aller temporären Arbeitsverträge in unbefristete Arbeitsverträge
-> Wiedereinstellung von drei entlassenen Beschäftigten
-> die zukünftige Abhaltung von Betriebsratswahlen
Die Beschäftigten feiern derweil ihren großen Erfolg und die SOC-SAT Almería garantiert die Überwachung der vereinbarten Abmachungen.
Aus der Ferne gratulieren wir allen Beteiligten!
7. Podcasts: Interviews bei Radio Helsinki und Radio Corax
Da sich momentan keine physischen Veranstaltungen anbieten lassen, greifen wir verstärkt auf Online-Formate zurück, um auf unsere Arbeit aufmerksam zu machen. Zwei Radiosender kamen in den vergangenen Monaten auf uns zu, um mehr über Arbeitsbedingungen und Kämpfe im Agrarsektor Andalusiens zu erfahren. Hier könnt ihr die beiden Radiobeiträge nachhören:
Radio Helsinki: Arbeitskämpfe weltweit verbinden – im Gespräch mit Interbrigadas (15.02.)
Radio Corax: Interbrigadas – Generalstreik in den Gemüse-Abpackhallen Almerias
Soweit von uns – bei Nachfragen stehen wir euch selbstverständlich immer zur Verfügung.
Bis zum nächsten Newsletter.
La Solidaridad es la Ternura de los Pueblos
euer Interbrigadas-Team